Radierungen von Wolfgang Glechner, Wien, und anderen Künstlern

Montag, 25. April 2011

Wien an die Donau

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"Wien an die Donau!“, Radierung Strichätzung,  1996, 320 mm x 230 mm, Blattgröße 420 x 360 mm
Der  Bild-Titel "Wien an die Donau", Mitte der den Neunziger-Jahre für diese Radierung erfunden, drückt die ursprünglich vom Künstler transportierte fantastische Idee aus, den Wiener Stadtkern näher an die Donau zu rücken. Der Titel hat inzwischen Geschichte gemacht - als Name einer Stadtentwicklungs-Initiative.wurde er nach der Jahrtausendwende aufgegriffen und bekannt, und die Idee bekam so seine reale Entsprechung. 

In der Radierung wurde Wien nur ein wenig "verrückt“ - d.h. einige wichtige Gebäude wanderten einfach an die Donau. Zu Wiens sonstigen Vorzügen kommt dadurch endlich der bisher kaum genutzte landschaftliche Reiz einer Stadt am Donaustrom.
Der Wienkundige wird in dem Bild unschwer eine Menge ihm bekannter Details entdecken, von Klosterneuburg, Kahlenberg, Uno-City, bis zu den Löwen der Nussdorfer Schleuse, vom Fiaker, der Oper, dem Parlament, dem Rathaus, den Stadtbahnbögen bis zum Fernheizwerk Spittelau und den weinbewachsenen Hängen von Grinzing. 

Das Blatt hat mittlerweile eine gewisse Bekanntheit. 
Es befand sich auch in einem Kalender der Stadt Wien, mit 11 anderen Radierungen des Künstlers

Sonntag, 24. April 2011

Gaudenzdorfer Gürtel im Winter - Stadtansichten Wien

Titel:  Wien Gaudenzdorfer
 Jahr: 1995
Künstler: Wolfgang Glechner
Technik: Radierung und Aquatinta auf Bütten
Blattgröße: 53 x 47 cm
Darstellungsgröße: 36 x 34 cm
Auflage: 35

"Glechners Veduten sind nie eindimensional, einfältig, einschichtig. Ein Blick auf die Stadtbahnstation Gumpendorfer Straße verläuft auf drei Ebenen: Da sind im Vordergrund und im Schatten die vom Betrachter wegstrebenden Autos, in der Mitte liegt die Zone der Öffis mit Straßenbahn und der heutigen U 6, und im hellen Hintergrund ragt die Kirche Maria vom Siege hoch - wie schon der Name sagt, ein dominierender, am Gürtel nichtsdestoweniger verlorener Bau. Die Menschen, schemenhaft durch die Rückfenster der Autos erkennbar oder wie Phantome auf das Verkehrsbauwerk Otto Wagners appliziert, nehmen ihn nicht zur Kenntnis ..."      Wolfgang Bahr in "Wiener Kunsthefte - Zeitschrift für Druckgraphik"

Die Herstellungs- und Drucktechnik der Radierung ist heute noch genau die selbe wie zu Albrecht Dürers Zeiten (Genaueres siehe Button TECHNIK) 
>> Preis H, Künstler

Samstag, 23. April 2011

Winter im Wiental

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Titel: Wiental 
 Jahr: 1994
Künstler: Wolfgang Glechner
Technik: Radierung und Aquatinta auf Bütten
Blattgröße: 53 x 47 cm
Darstellungsgröße: 40 x 34 cm
Auflage: 35, vergriffen, außer einigen wenigen  Drucken mit dunklerem Himmel (Dämmer-Stimmung)





Zu diesem späteren Zustand schreibt Wolfgang Bahr in den Wiener Kunstheften:
"Im Blick auf die Gaudenzdorfer Brücke läuft der Künstler zur großen Geste auf. Für das Motiv, das schon andere beschäftigt hat, wählt er exakt jenen Standpunkt, an dem Wienfluss und Stadtbahntrasse auseinanderlaufen, um im Brückenbauwerk dramatisch aufeinander zu prallen. Otto Wagner hat diesen Punkt, an dem die Gürtelstraße das Wiental quert, durch Obelisken auf der Brücke akzentuiert; Glechner hebt sie im grellen Winterlicht gegen einen grauen Himmel ab."
>> Preis G, Künstler

Mittwoch, 20. April 2011


Zur Abwechslung eine fremde Zeichnung, die Radierung "Die drei Kreuze" von Rembrandt, 1653



Die Radierung illustriert eine Bibelstelle aus dem Evangelium nach Matthäus. Sie ist in mehreren Zuständen erhalten
geblieben, da Rembrandt sie nach einigen Drucken immer wieder umarbeitete. Neben dem berühmten "Tausendguldenblatt" zählt sie zu den bekanntesten Blättern des mehrere hundert Werke umfassenden graphischen Oevres Rembrandts.


Bei der Radierung werden - im Gegensatz zum Kupferstich - die Vertiefungen nicht mit dem Stichel ins Metall geschnitten, sondern mit Säure geätzt. Bei der sogenannten Kaltnadelradierung wir die Metalloberfläche mit einem spitzen Gegenstand geritzt. Rembrandt hat Strichätzung und Kaltnadel so wie in diesem Blatt meist kombiniert eingesetzt.

Sonntag, 10. April 2011

Ein akademischer Maler und Anstreicher - Fortsetzung

(Fortsetzung von >> "Ein akademischer Maler und Anstreicher")
 

.... Hubers Naturzeichnungen haben nichts von der romantischen und im Grunde verlogenen Natursehnsucht des Städters. Er kennt das Leben auf dem Land von Kind auf - kennt auch seine Härten. Auf einem Bergbauernhof aufgewachsen, als wenig geliebte Waise bereits früh auf sich selbst verwiesen, flieht er schon als Kind jede freie Minute in die Natur, beobachtet, beginnt zu malen, zu zeichnen, was er sieht, was er liebt: Die von Sturm und Schnee gebeugten  Bäume der Alpenlandschaft, sie empfindet er als seine Schicksalsgenossen, ihre Sprache versteht er. 
Helmut Huber, Baumruine, Radierung, um 1988
Stundenlang beobachtet er die Bewegung der Äste im Wind, das Schauspiel des Wassers im Wildbach, das Spiel von Licht und Schatten auf den Berghängen der Heimat, in den dahintreibenden Wolken. Selbst Kälte und Regen können ihn nicht davon abhalten, halbe, ganze Tage lang in der Natureinsamkeit ausharren. Beim Zeichnen vergisst er auf Frost und Nässe. Bei einem dieser Ausflüge holt er sich eine schwere Mittelohrent-zündung,  die unbehandelt bleibt. Die zurückbleibende Schwerhörigkeit verstärkt seine Isolation: Seine Ziehfamilie und die dörfliche Umwelt haben  weder Verständnis für sein Außenseitertum noch für sein künstlerisches Talent. Nicht nur einmal wird er mit Prügeln von seiner "unnützen" Malerei vertrieben. Doch er lässt sich nicht unterkriegen, ein starkes, cholerisches Temperament, das gegen die dörfliche Enge rebelliert. Auf dem Hof soll er arbeiten, und Maurer muss er lernen.
Kubitschek, akademischer Maler aus Bischofshofen, ein Schüler Wilhelm Dachauers, entdeckt schließlich den begabten Maurer,  unterrichtet und fördert ihn und stärkt ihm so den Rücken in seinen Auseinandersetzungen.
Bald werden auch andere auf das Talent aufmerksam: Mehrmals erhält er Stipendien zur Salzburger Sommerakademie, Oskar Kokoschka, Eisler, fördern ihn, erste Preise und Ankäufe folgen.
Dabei arbeitet er weiterhin als Maurer, baut sogar in der Freizeit: sein eigenes Haus. Wie er mit den selben groben abgearbeiteten Maurerhänden wenige Stunden danach wieder unendlich gefühlvolle, zarte  Federstriche hinfegt, übrigens links- und rechtshändig gleichermaßen geschickt, das ist für jeden, der es einmal mitangesehen hat, einfach unglaublich - ein Wunder.

Die Auseinandersetzungen im Dorf reißen freilich nicht ab. Hubers streitbares Temperament, die innere Gewissheit, dass sein Talent in dieser Umgebung nicht verstanden wird, und Missverständnisse durch seine Schwerhörigkeit tun ein Übriges, um die Atmosphäre für ihn unerträglich zu machen.
Er verkauft das Haus und zieht mit Frau und Kind nach Strasshof bei Wien.
Friedensreich Hundertwasser erkennt sofort das seltene Talent, und holt ihn in seine Klasse an der Wiener Akademie.
Hubers Federzeichnungen sind  freilich damals schon am Höhepunkt seiner Meisterschaft, und auch sonst hinterlässt die Akademie bei dem damals bereits 35 jährigen keine wirklich wichtigen Spuren. Was ihn jedoch fordert und fördert, sind Freundschaften und Kontakte, sind Diskussionen und Auseinandersetzungen im Dunstkreis der Akademie, in der Wiener Kunstszene.
Es finden sich Kollegen, Schüler und Nachahmer, die von seinem Enthusiasmus und seiner Kraft beeindruckt und mitgerissen werden, u.a.  Christian Qualtinger und der Zeichenblogger (der mit dem Künstler bis heute befreundet ist).
Und immer wieder ist es vor allem die Natur, die Helmut Huber anregt:
Er mietet sich eine kleine Wohnung in einem alten Villengarten in Hainfeld.
Es entstehen wundervolle Radierungen und Zeichnungen aus dieser Gegend und aus der Wiener Umgebung, alte zerklüftete Bäume, Aulandschaften, Wasserfälle, blühende Bäume. Das innere des Stephansdoms, mit seiner waldähnlichen düsteren Gotik regt ihn zu einer Serie eindrucksvoller Zeichnungen an. Er arbeitet mit dem Fleiß eines Besessenen, tagaus tagein.
Und er arbeitet schnell.
Auch großformatige Gemälde, Wiener Stadtbilder entstehen in dieser Zeit.
Hundertwasser, Mikl, Gansert und andere respektieren den wilden Kollegen, der da, bereits zum Künstler gereift, seine Akademiezeit hinter sich bringt.
Das Fernsehen bringt einen Film über ihn, gedreht mit ihm in Wien und an den Schauplätzen seiner Kindheit, in Pfarrwerfen in Salzburg. Verschiedene Förderer nehmen sich seiner an, organisieren ihm Ausstellungen, darunter Leute wie Klaus  Schröder, der spätere Direktor der Albertina. Einige Galerien kaufen Radierungen und Zeichnungen.
Doch Huber hat keinen Sinn für den Kunstbetrieb. Lässt Chancen wie den Fernsehfilm ungenutzt vorübergehen, meldet sich nicht mehr, oft stößt er selbst wohlmeinendste Förderer grob vor den Kopf. Höfliche Kontakte pflegen, bitten um Unterstützung, ansuchen um Subventionen, Stipendien? - Eher arbeitet er wieder als Maurer.
Sein Charakter braucht den cholerischen Wutausbruch, fast, scheint es: das Verkanntsein, die Einsamkeit, wie er das aus seiner Kindheit gewöhnt ist.
Ganze Bilderserien vernichtete er in Anfällen von Zerstörungswut, andere verschleudert er oder lässt sie, kaum sind sie mit unglaublichem Einsatz und Begeisterung fertiggestellt, achtlos verschmutzen oder jahrelang irgendwo liegen. Vergisst oft selbst, wo „das Zeug“ ist. Nach zahlreichen Übersiedlungen und privaten Wirren in diesen Jahren bleiben ihm nur relativ wenige Werke von seinem großen Oeuvre. Manches liegt sicher heute noch in irgendwelchen Dachböden oder Kellern in Wien und anderswo herum, manches haben sich clevere Kunstsammler "billig unter den Nagel gerissen".
Kaum hat er das Diplom der Akademie der Bildenden Künste in der Tasche, sogar prämiiert mit der goldenen Füger-Medaille der Akademie, arbeitet Helmut Huber auf einmal tatsächlich wieder als Maurer! Zuerst in Wien, später als gewöhnlicher Maler und Anstreicher bei einem Malermeister in Eugendorf bei Salzburg - wohl der einzige „Akademische Maler und Anstreicher“ in Österreich. 
Nirgends hält es ihn lange. Wohnungen und Arbeitgeber wechseln. 
In der knappen Freizeit entstehen wieder eine Menge wunderbarere Arbeiten. Wann schläft er eigentlich?
Schließlich lässt er sich in Salzburg nieder. Seine zweite Frau Marina, eine Russin, die er dort kennenlernt, selbst Malerin, malt Ansichten für die Touristen im Stadtzentrum. Davon bestreiten sie ihren Lebensunterhalt. Er hilft bisweilen beim Kolorieren.
Selbst malt er große Pastelle und Ölbilder in der Glasenbachklamm, in deren unmittelbarer Nähe er wohnt. Verarbeitet Eindrücke von Reisen, etwa nach Russland, der Slowakei, Indien oder Griechenland. Bisweilen entsteht eine Federzeichnung.
Auf dem Balkon der gepflegten, aber winzigen Wohnung lehnen Stapel von Ölbildern, im Freien, nur notdürftig vorm Regen geschützt.
Und wieder bricht er seine Zelte ab, arbeitet wieder als Maler und Anstreicher, hilft beim Restaurieren von Räumen in der Salzburger Residenz. Sein neuer Arbeitgeber erkennt das Talent und setzt ihn für Wandmalereien ein.
Und Helmut Huber schafft wieder neue wunderbare Federzeichnungen. Und studiert Michelangelo beim Zeichnen von riesigen frei nachempfundenen Kohlezeichnungen. Noch ist das Feuer nicht erloschen. Da und dort zeigen sich Ansätze, daß Helmut Huber nun endlich - diesmal hoffentlich auf Dauer - entdeckt wird. Es gibt neuerdings zwei Huber-Kataloge. Ist auch der „offizielle Kunstbetrieb“ irgendwann bereit für diesen originellen Unbequemen? Rechtzeitig, damit meinen wir: noch zu zu seinen Lebzeiten
Wert wäre er es allemal.
Am 25. August 2011 wird der Künstler 60. Wir gratulieren herzlich! 


Text Copyright: der Zeichenblogger